Third Culture
1959 veröffentlichte C. P. Snow ein Buch mit dem Titel The Two Cultures. Darin stellte er fest, dass die intellektuelle Welt sich in zwei Gruppen gespalten hatte: Auf der einen Seite standen die literarischen Intellektuellen; auf der anderen die (Natur-)Wissenschaftler. Seit den 1930er Jahren hatten die literarischen Intellektuellen begonnen, von sich selbst als „den Intellektuellen“ zu sprechen, als ob es keine anderen gäbe. Dieser Titel schloss Wissenschaftler wie den Astronomen Edwin Hubble, den Mathematiker John von Neumann, den Kybernetiker Norbert Wiener oder die Physiker Albert Einstein, Niels Bohr und Werner Heisenberg kurzerhand aus. In der zweiten Auflage von The Two Cultures (1963) fügte Snow einen neuen Essay hinzu, The Two Cultures: A Second Look, in dem er optimistisch voraussagte, dass eine neue intellektuelle Kultur – eine „Third Culture“ – aufkommen und ein produktiver Dialog die Kluft zwischen den literarischen Intellektuellen und den WissenschaftlerInnen schliessen würde. Dieses Ideal hat sich allerdings kaum verwirklicht. Stattdessen kommunizieren WissenschaftlerInnen direkt mit der breiten Öffentlichkeit. Während Akademiker traditionell einen Austausch mit Journalistinnen pflegten, tendiert die Third Culture heute dazu, auf den journalistischen Umweg zu verzichten und ihre Gedanken so zu äussern, dass sie einem gebildeten Publikum direkt zugänglich sind. Das Synthetisieren, Publizieren und Kommunizieren ist auch ein unerlässlicher Teil der Rolle des Intellektuellen. Es soll nicht nur Wissen angesammelt werden, sondern das Gedankengut einer Gesellschaft und einer Generation angereichert und geprägt werden. Der Erfolg von Wissenschaftsbüchern in den letzten Jahren hat nur Intellektuelle der alten Schule überrascht. Sie gehen davon aus, dass solche Literatur eine Anomalie darstellt – dass sie zwar gekauft, aber weder aufmerksam gelesen wird noch breit kulturprägend wirkt. Doch sie irren sich. Das Aufkommen einer regen Third-Culture-Aktivität zeigt, dass ein grosses Interesse an der seriösen Auseinandersetzung mit philosophisch-wissenschaftlichen und zukunftsweisenden Ideen besteht.
Religion
Die Religion hat historisch oft versucht, die Ethik zu vereinnahmen. Gott und Götter könnten ethisch aber höchstens indirekt relevant sein, nämlich wenn sie uns ethische Erkenntnis vermitteln (Offenbarung) oder egoistische Anreizstrukturen setzen würden (Himmel/Hölle). Schon Platon hat aber im Dialog Euthyphron festgestellt, dass ein göttlicher Wille – selbst wenn er existierte – zur theoretischen Begründung der Ethik nicht geeignet wäre. Platon fragt: Ist das Gute dadurch gut, dass die Götter es wollen, oder wollen die Götter das Gute, weil es (unabhängig vom göttlichen Willen) gut ist? Wenn wir „gut“ oder „richtig“ über die Entsprechung mit dem Willen eines bestimmten Wesens (ob übermächtig oder nicht) definieren, dann schliessen wir apriori aus, dass dieser Wille schlecht sein könnte. Mit anderen Worten: Wenn Gott eine überzeugende ethische Antwort auf die Frage hat, warum er X und nicht eine Alternative dazu will, dann liefert diese objektive Antwort eine Begründung der Ethik, nicht die Tatsache, dass er einen bestimmten Willen hat (der auch schlecht sein könnte, wenn er mit der objektiven Antwort nicht übereinstimmte). Wenn Gott als Antwort auf die Frage, warum X ethisch richtig sei, hingegen bloss sagen kann: „Weil ich X eben will!“, dann gibt es keinen Grund, seinen unbegründeten Willensinhalt an sich zu berücksichtigen. So oder so werden Inhalt und Begründung der Ethik also ohne Rekurs auf die Willensinhalte irgendwelcher Wesen auskommen, ob übermächtig oder nicht.
Von Norbert Hoerster stammt die folgende Analogie: Die Ähnlichkeit mit Gott (oder irgendeinem Akteur) zum Definiens ethischer Qualität zu erklären, wäre so unsinnig, wie die Ähnlichkeit mit einem bestimmten Fussballspieler F zum Definiens fussballerischer Qualität zu erklären. F ist ja nicht deshalb ein guter (oder gar perfekter) Fussballer, weil er F ist, sondern weil er von F unabhängige Qualitätskriterien erfüllt. Ansonsten – d.h. wenn „guter Fussballer“ = „hat die Eigenschaften von F“ – würde die Aussage „F ist ein guter Fussballer“ zur nichtssagenden Tautologie: „F hat die Eigenschaften von F“, was für alle Fussballer gilt. Damit würde es willkürlich, F (statt G, H, I, …) als Massstab fussballerischer Qualität zu betrachten.
Daraus lässt sich auch ein Argument für den Atheismus ableiten. Wenn der Theismus behauptet, die Ethik gründe im Willen Gottes („gut“ = „entspricht dem Willen Gottes“) und die Aussage „Gott bzw. Gottes Wille ist gut“ sei gehaltvoll (besage also mehr als „Gottes Wille entspricht dem Willen Gottes“), dann ist der Theismus inkonsistent.
Videos
Julia Galef: Rationality and the Future
Webseiten
- Edge
- TED
- Big Think
- Zurich Minds
- Richard Dawkins Foundation
- Project Reason
- RSA (Royal Society of Arts)
- The Science Network
- Rationally Speaking
- Philosophy Bites
Bücher
Wissenschaft & Kultur
- Third Culture
Wissenschaft
- Wie wir mit Forschung etwas bewirken können: Ein Interview mit Nick Bostrom
Technologie
Evolution
Wie man die Wissenschaft repariert
Evidenzbasierte Medizin
Evolutionärer Humanismus